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Österreich kippt deutsche Pkw-Maut

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Der EU-Gerichtshof kippt die deutsche Pkw-Maut. 

Die deutsche Pkw-Maut - die Vignette für die Benutzung von Bundesfernstraßen durch Personenkraftwagen - verstößt gegen EU-Recht. Dies entschied der EuGH am Dienstag in einem Urteil. "Diese Abgabe ist diskriminierend, da ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen liegt", stellten die EU-Richter fest.

Mittelbare Diskriminierung

Der EuGH begründete seine Entscheidung: Eine Infrastrukturabgabe in Verbindung mit der Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer, die den in Deutschland zugelassenen Fahrzeugbesitzern zugutekommt, stelle eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar und verstoße gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs.
 
Die von deutschen Fahrzeugbesitzern entrichtete Infrastrukturabgabe würde vollständig kompensiert, sodass die wirtschaftliche Last dieser Abgabe tatsächlich allein auf den Besitzern und Fahrern von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen liege.
 
Hinsichtlich des freien Warenverkehrs stellte der Gerichtshof fest, dass die deutsche Pkw-Maut geeignet sei, den Zugang von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten zum deutschen Markt zu behindern. Auch stellt der Gerichtshof fest, dass die strittigen Maßnahmen geeignet seien, den Zugang von aus einem anderen EU-Staat stammenden Dienstleistungserbringern und -empfängern zum deutschen Markt zu behindern.
 
Dagegen entschieden die EU-Richter, dass die Modalitäten der Ausgestaltung und des Vollzugs der Infrastrukturabgabe entgegen dem Vorbringen Österreichs nicht diskriminierend seien. Dabei handelt es sich um die stichprobenartige Überwachung, die etwaige Untersagung der Weiterfahrt mit dem betreffenden Fahrzeug, die nachträgliche Erhebung der Infrastrukturabgabe, die mögliche Verhängung eines Bußgelds sowie die Zahlung einer Sicherheitsleistung.
 
Österreich hatte im Jahr 2017 beim EuGH geklagt. Im Februar 2019 hatte der Generalanwalt des Gerichtshofs vorgeschlagen, Österreichs Klage abzuweisen. Der Vorschlag des Generalanwalts ist für die Richter nicht bindend, in rund 80 Prozent der Fälle folgen die Richter allerdings seiner Rechtsansicht.
 

Erfolg für Österreichs Klage

Österreich hat damit einen Sieg vor dem EU-Gerichtshof errungen. Österreich hatte vor dem Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage gegen Deutschland erhoben. Dabei wurde Österreich von den Niederlanden unterstützt, während Deutschland von Dänemark unterstützt wurde.
 
Österreich ist der Ansicht, dass die kombinierte Wirkung der Infrastrukturabgabe und der Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer für in Deutschland zugelassene Fahrzeuge sowie die Modalitäten der Ausgestaltung und des Vollzugs der Infrastrukturabgabe gegen das EU-Recht, insbesondere das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, verstoßen. Österreich hatte beim EuGH geklagt, nachdem sich die EU-Kommission nicht gegen die deutsche Pkw-Maut geäußert hatte.
 

FP-Hofer erleichtert über EuGH-Urteil zur deutschen Pkw-Maut

Der designierte FPÖ-Bundesparteiobmann, FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer begrüßt diese Entscheidung: „Ich bin froh, dass die EuGH-Richter der Argumentation Österreichs gefolgt sind. Das geplante System sah vor, dass deutsche Fahrzeughalter die Maut über einen Freibetrag bei der Kfz-Steuer wieder rückerstattet bekommen. Diese Vorgangsweise widerspricht aus unserer Sicht dem europäischen Gleichheitsprinzip. Während meiner Amtszeit als Verkehrsminister habe ich mehrere Gespräche mit meinem deutschen Amtskollegen Andreas Scheuer geführt. Er wollte mich zu einem Rückzug der österreichischen Klage bewegen – ich habe abgelehnt. Das heutige Urteil gibt der österreichischen Position recht.“
 

ÖAMTC: EUGH-Mauturteil stützt Grundgedanken der EU

Das Urteil des europäischen Gerichtshofs zur deutschen Pkw-Maut ist für den ÖAMTC ganz im Sinne der europäischen Idee. Denn nach Ansicht des Mobilitätsclubs hätte die Umsetzung der Mautpläne in Deutschland zu einer Schlechterstellung von ausländischen Autofahrern geführt. "Selbstverständlich ist es Deutschland freigestellt, eine Pkw-Maut einzuführen. Das Urteil des EUGH zeigt jedoch, dass die vorgeschlagene Variante, die deutsche Autofahrer über den Umweg der Kfz-Steuer entlastet hätte, nicht rechtskonform ist", zeigt sich Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, über den Ausgang der österreichischen Klage erfreut.
 
Mit dem Urteil heißt es nun Aufatmen – auch für rund 1,8 Millionen österreichische Autofahrer, die nach Schätzungen des Mobilitätsclubs von einer deutschen Maut betroffen gewesen wären, da sie sich mindestens einmal pro Jahr eine deutsche Vignette kaufen hätten müssen.
 

Aus für Vignette muss verhindert werden

In die Freude über den Ausgang der österreichischen Klage gegen die deutsche Pkw-Maut mischt sich aber auch Unsicherheit über die Zukunft der Pkw-Vignette. Die geplante Aufnahme des Pkw in die Wegekostenrichtlinie könnte das Aus für die Vignette bedeuten und, über die Einführung eines Road Pricing Systems, eine deutliche Mehrbelastungen für den Individualverkehr bringt. "Das Motiv für die Einführung der EU-Wegekosten-Richtlinie war der Erhalt des Wettbewerbs im Transport-Gewerbe, damit nicht einzelne Staaten ihren Frächtern Vorteile verschaffen", führt Wiesinger aus. "Unter den Haltern von privaten Pkw in der EU besteht aber kein Wettbewerbsverhältnis. Daher macht auch eine Einbeziehung in die Wegekosten-Richtlinie keinen Sinn sondern wäre lediglich eine massive Mehrbelastung für den Individualverkehr."
 
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